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24.03.24 –
Man wolle eine Kundgebung gestalten, die „für“ etwas ist, nicht nur „gegen“ etwas, hieß es auf der Bühne im Soltauer Hagen. So wurde aus der „Anti-Rechts-Kundgebung“ am 9. März eine Kundgebung für Demokratie, Freiheit und Vielfalt. Im Ergebnis ist die Formulierung vielleicht egal, in der Symbolwirkung nicht: Konstruktive Ansätze sind demokratische Ansätze. Sie gibt es bei den Gegner:innen der Demokratie nicht.
Kein Zweifel: Es ist richtig, wenn Demokrat:innen sich öffentlich zeigen und nicht nur eine schweigende Mehrheit sind. Dass die Zustimmungswerte für die AfD nach den großen deutschlandweiten Protesten im Februar leicht gesunken sind, ist ein gutes Zeichen in der analogen Welt.
Was unterdessen im Netz abgeht, ist schaurig. Einschlägige Kanäle verdrehen Fakten und interpretieren sie für eine jugendliche Zielgruppe so um, dass kein Platz mehr für Freiheit und Vielfalt bleibt. Spitzenpolitiker der Rechten faseln von „echten Männern“ und „echten Frauen“, und man fragt sich: Was soll das sein im 21. Jahrhundert? Verfängt da wirklich wieder die Rollenverteilung aus dem 19. Jahrhundert? Aus der notwendigen Transformation der Gesellschaft in ein nach-fossiles Zeitalter wird ein Bedrohungsszenario, wo eigentlich Aufbruchsstimmung notwendig ist. Und in einer Soltauer Facebook-Gruppe, in der der Aufruf für die Kundgebung im Hagen gepostet wurde, trieft die Kommentarspalte von quergedachten Pseudofakten und Verunglimpfungen.
Die Demokratie hat ein Problem im Netz. Demokratische Parteien sind deutlich weniger präsent, die Kanäle der Rechten haben hohe Klickzahlen. Sind sie professioneller? Haben sie den Reiz des (womöglich bald) Verbotenen? Sie richten sich zumindest in Teilen sehr konsequent auf die jugendliche Zielgruppe. Teenager sind im Netz meist ohne Kontrolle unterwegs – die Eltern verlieren langsam den Einfluss, Lehrer:innen haben zu tun, up to date zu blieben und die Problematik zu thematisieren, und die gesetzliche Reglementierung der Plattformen ist zu schwach. Gleichzeitig ist das Weltbild von jungen Menschen formbar wie Knete.
Wo also sind die Ansatzpunkte für einen Erhalt unserer Werte von Demokratie, Freiheit und Vielfalt, die die vergangenen Jahrzehnte so selbstverständlich waren? Unter anderem hier:
- Das Internet benötigt mehr Regeln unterhalb der Schwelle, wo die Meinungsfreiheit verletzt wird
- Verstöße gegen geltendes Recht müssen geahndet werden, auch im Netz
- Demokratische Parteien müssen sich im Netz besser aufstellen
- Demokrat:innen dürfen in Alltagssituationen nicht schweigen.
- Demokrat:innen müssen lernen, in Diskussionen nicht die Verteidigerrolle einzunehmen, sondern nachzufragen und zu entlarven.
Und ja, natürlich ist auch eine Nabelschau vonnöten: Die demokratische Regierung muss ein besseres Bild nach außen abgeben. Es würde dazu beitragen, dass notwendige große Veränderungen akzeptiert werden, dass sie weniger Ängste produzieren und vielleicht sogar als Chancen gesehen werden. Aber bei aller Selbstkritik dürfen wir nicht vergessen, dass diejenigen, die das System schwächen und erschüttern wollen, nicht die in der Regierung sind. Noch nicht.
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