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10.03.21 –
9. März 2021 Bauausschuss der Stadt Soltau
TOP: 62. Änderung des Flächennutzungsplanes „Gewerbliche Baufläche Soltau Ost lV“
Vorlage Nr. 0102/2020
Redebeitrag von Dietrich Wiedemann:
Anlass für die heutige Beratung ist die Tatsache, dass das Gewerbegebiet „Soltau Ost“ in Harber an der Autobahn annähernd „voll“ ist. Die Stadt sucht nach einer Erweiterungsmöglichkeit. Und hier ist die Wahl auf den Campingplatz „Scandinavia“ östlich der Autobahn und den Wald auf der anderen Strassenseite der B 71 gefallen.
Wir schätzen, dass im alten und neuen Gewerbegebiet etwa 100 Hektar Wald gerodet werden sollen.
Walsrode will nicht nachstehen und ebenfalls 95 Hektar an der A 7 ausweisen. Ähnliche Pläne hat ein weiteres Mittelzentrum in der Region. Unter den kommunalen Brüdern und Schwestern existiert offenbar eine Blaupause, die von Stadt zu Stadt weitergereicht wird.
Die Waldumwandlung in dieser Grössenordnung ist klimarelevant. Ich verweise auf das Ziel der Kanzlerin Merkel, die globale und nationale Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Das hat die Bewegung der „Fridays for Future“ auf den Plan gerufen, die die Begrenzung auf 1.5 Grad einfordert. „Jedes Zehntelgrad zählt“, heisst es unter Berufung auf die Wissenschaft.
Die Hitzewellen der letzten Jahre haben allein in Frankreich zehntausende von Toten gefordert. „Massives menschliches Leid“ hat der Spiegel dazu kommentiert.
Der Bauausschuss hier und heute setzt sich zu mehr als der Hälfte aus Menschen im Rentenalter zusammen. Ein Blick in die „Allgemeine Deutsche Sterbetabelle“ lehrt uns, wie lange Banken und Versicherungen noch mit uns rechnen.
Dem stehen die Forderungen der „Fridays for Future“ gegenüber: „Wir sind hier – Wir sind laut – weil man Euch die Zukunft klaut.“
Jenseits aller wirtschaftlichen Betrachtungen, Konsum und Logistik in den Metropolen Hamburg und Hannover zu bedienen, geht es um eine enkeltaugliche Zukunft.
In einer Studie, die Fridays for Future in Auftrag gegeben hat, schätzen Experten, dass die Erde sich um 3°C erwärmen wird.
Gehen Sie davon aus, dass sich das Baurecht in der Bundesrepublik schrittweise an diese Erkenntnisse anpassen wird.
In den Wäldern in Deutschland werden pro Jahr schätzungsweise 130 Millionen Tonnen C O 2 gespeichert. Wenn die freigesetzt werden, heizen wir das Erdklima bei uns an.
1 m³ Holz speichert ca. 1 t CO².
Vom Bundesumweltamt stammt die Aussage, dass drei Grad Klimaerwärmung mehr für uns bedeuten werden, dass die Temperaturen in Berlin im Schnitt so sein würden wie in Madrid und in Madrid so wie heute in Marokko.
Dieser Entwicklung muss vorgebeugt werden. Wir schulden den Jüngeren eine enkeltaugliche Zukunft.
Pierre Ibisch der Forstwissenschaftler ist in Brandenburg durch die Wälder gezogen und hat festgestellt, dass es dort bei Hitze um bis zu 10 Grad kühler ist als in der Umgebung. Dies sehe ich im Kontext zu den Soltauer Plänen, Wald in versiegelte Gewerbeflächen umzuwandeln.
Dabei mache ich mir über die Qualität des Waldes an der Autobahn keine übertriebenen Vorstellungen. Aufgeforstete Kiefern und dazu die Fichten, die sich seit 2020 reihenweise verabschieden werden.
Aber auch dieser Wald kann ertüchtigt werden. Das beweisen die
Eichelhäher, die Jahr für Jahr Laubbäume hineintragen. „Wenn die Förster so fleissig wären, wie die Eichelhäher, dann brauchten wir keine Förster mehr.“
Der Verlust auch dieses Waldes an der Autobahn ist klimarelevant.
Das sieht auch die Stadt so. Sie will das Baugesetz erfüllen und Ausgleich an anderer Stelle schaffen.
Aber wo?
An dieser Stelle wird mich die Verwaltung darauf verweisen, dass ich über Dinge rede, die erst im Bebauungsplan zu regeln sind. Wir beraten aber über den Flächen-Nutzungsplan, in dem der Nachweis des Ausgleichs noch nicht konkret werde. Dieser Verwaltungslogik folge ich nicht. Es ist absehbar, dass die Ausgleichsflächen nicht nachgewiesen werden können.
Der Flächenpool der AWS in Leitzingen ist „voll“. Da geht nichts mehr.
In Harber am Mühlenbach hat man für „Soltau Ost“ fünf Hektar Acker als Ausgleichsfläche ausgewiesen – und dreizehn Jahre ist nichts passiert. Jetzt will man die Massnahme wieder kassieren und an anderer Stelle neu beginnen.
Aber wo?
Grund und Boden ist nicht vermehrbar und ich erkläre es für unmöglich, 200 Hektar Wald in Walsrode und Soltau mal eben an anderer Stelle zu ersetzen.
Damit wird die Planung, über die wir heute beraten, juristisch angreifbar.
Wenn Sie uns so deutlich auf den Rechtsweg verweisen, werden wir ihn gehen – sobald die Bauleitplanung der Stadt dies möglich macht.
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