BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ortsgruppe Soltau

Grüne enthalten sich bei Etatabstimmung

Ratssitzung

06.01.25 –

Kurz vor Weihnachten hat der Rat der Stadt Soltau über den Etat für das Jahr 2025 abgestimmt.

Die Grünen-Fraktion hat dem Zahlenwerk aus grundsätzlichen Gründen nicht zugestimmt. Der Fehler liege im System, hatte dazu Christin Wüstenberg gesagt. Denn aus eigener Kraft gesunden könne der mit Fehlbedarfen vorgelegte Haushaltsplan der Stadt nur durch wirtschaftliches Wachstum. Aber wirtschaftliches Wachstum, wie im Haushalt vorgesehen, erfordere Ressourcen- und Flächenverbrauch und das befeuere den Klimawandel. So könne es nicht weitergehen. Wüstenberg warf der Ratsmehrheit aus CDU, BU und AfD allerdings auch vor, durch die ersatzlose Streichung der Straßenausbaubeitragssatzung das Defizit deutlich vergrößert zu haben.

Lutz Tobias' Argumentation ging in die gleiche Richtung - er verwies gleich zu Beginn seines Beitrags auf den inzwischen mehr als 50 Jahre alten Bericht zu den "Grenzen des Wachstums". Vor Ort hielt er vieles, was Soltau beschlossen habe oder gerade plane, für unnötig. Er möchte seinen Beitrag als Denkanstoß verstanden wissen.

Hier hat die Stadt Soltau die Unterlagen zum Haushalt veröffentlicht.

Nachfolgend die Reden der beiden Grünen-Stadtratsabgeordneten.

Christian Wüstenberg sagte:

Sehr geehrte Bürger*innen, sehr geehrte Damen und Herren des Rates, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,

zuerst möchte ich mich wieder bei der Verwaltung für die wiederum transparentere und griffigere Darlegung des Haushalts für das Jahr 2025 bedanken. Die Haushaltseinbringung hat sich erneut positiv abgehoben von den Routinen der vergangenen Jahre, auch wenn der Inhalt noch weniger Grund zur Freude lieferte als letztes Jahr.

Das finanzielle Dilemma ist bekannt und muss in seinen Ursachen und Auswirkungen jetzt nicht erneut detailliert beschrieben werden. Aber es sei auch hier darauf hingewiesen, dass die Hauptursachen der Fehlbedarfe außerhalb des Einflussbereiches der Stadt Soltau liegen. Weltgeschehen, Kriege, aber besonders die Bundes-, Landes- und Kreispolitik verursachen finanzielle Überforderungen der Städte und Gemeinden. „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“, gilt hier schon lange nicht mehr.

Allerdings hat eine Mehrheit des Rates durch die ersatzlose Streichung der Straßenausbaubeitragssatzung für ein zusätzliches Defizit von mindestens 400.000 bis 500.000 Euro im Haushalt der Stadt Soltau gesorgt. Wir hatten hier ein gerechteres, solidarisches Gebührensystem vorgeschlagen, das nicht nur Einzelne belastet hätte.

Wenden wir uns also den Konsequenzen zu: Die letztjährigen Steuererhöhungen ermöglichten einen genehmigungsfähigen Haushalt für das Jahr 2024 ohne Haushaltskonsolidierungskonzept – bis der Landkreis zugleich auch Genehmigungsbehörde dies mit seiner Erhöhung der Kreisumlage um insgesamt 6 Punkte, was einem zusätzlichen Minus von 1,5 Millionen Euro entspricht, wieder zunichte gemacht hat. Für einen genehmigungsfähigen Haushalt 2025 musste also ein Haushaltskonsolidierungskonzept erstellt werden.

Teil dessen sollte die Übernachtungssteuer sein, als Ersatz der entfallenen Fremdenverkehrssteuer, die wir schon Mitte 2025 eingeführt wissen möchten. Die Rückzahlungen der AWS an die Stadt Soltau bleiben ein einmaliger Effekt und helfenperspektivisch nicht weiter. 23,5 Millionen Euro Kreditschulden sind ein trauriger neuer Höchststand in Soltaus Geschichte.

Eines möchte ich an dieser Stelle auch wiederholt deutlich machen: Eine finanzielle Gesundung des Haushalts der Stadt Soltau ist systembedingt und strukturell - außer durch Änderungen der wirtschaftlichen und konjunkturellen Großwetterlagen - nur durch wirtschaftliches Wachstum vor Ort zu erreichen. Aber dieses System ist krank. Es belohnt ausschließlich Wachstum. Dies bedeutet, dass der Flächen- und Ressourcenverbrauch weiter steigt und wir verstärkt den tödlichen Klimawandel befeuern.

Ich frage daher wieder:

Wo bleibt das Innehalten, das sich Bescheiden, die Umkehr, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen? Wer hat den Mut, erstmalig auf den Verbrauch neuer Waldflächen zu verzichten? Wer hat den Mut, Veränderungen dieser Zwangsstrukturen einzufordern und mit durchzusetzen?

Die hier notwendigen Prozesse können nur durch gesellschaftliche und politische Veränderungen erreicht werden, die wir alle, die politischen Parteien, die Verwaltungen und jeder und jede Einzelne mit aller Kraft jetzt einfordern und gestalten müssen.

Insbesondere die letzten Sätze habe ich schon fast wortgleich hier vor einem Jahr vorgetragen. Geändert hat sich bisher nichts. Weitere 100 Hektar Wald sollen zu Gewerbegebieten werden.  Habe ich im letzten Jahr noch gesagt, dies ließe sich durch eine Ablehnung des Haushaltes nicht beeinflussen, so werden wir uns heute zumindest enthalten, um hier ein Zeichen zu setzen.

Gespannt schauen wir auf die Reihe der Bürgermeisterkandidaten und fragen uns, ob einer von ihnen den Mut aufbringen würde, einen wirklich klimaschonenden, nachhaltigen und neuen Weg zu beschreiten. Unsere Stimmen würde er dafür bekommen.

 

Lutz Tobias sagte:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren des Rates, Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

neulich fiel mir das Buch „Grenzen des Wachstums“ in die Hände und ich frage mich, ob wir nicht auch in Soltau die „Grenzen des Wachstums“ erreichen. Das Motto der Klimaschutzbewegung „Global denken, lokal handeln“ bedeutet ggf. auch für Soltau, dass wir nicht alles, was wir uns wünschen, auch bekommen sollten. Das passt auch ein wenig zu Weihnachten.

Insgesamt sind die Schulden des Heidekreises für 2025 auf 200, für 2028 auf ca. 300 Millionen Euro veranschlagt. Bereits im kommenden Jahr steigt die Kreisumlage um 6 Punkte auf 55 %, danach pro Jahr um 1 Prozentpunkt auf 58 %. Der Neubau des Heidekreisklinikums wird sehr teuer.

Damit dürften auch in Soltau die Spielräume für Investitionen enger werden.  Ist es da nicht an der Zeit, geplante Investitionen zu überdenken und neu zu bewerten?

Im Haushalt sind den kommenden 3 Jahren ca. 3 Mio. € für den Ankauf von Gewerbeflächen vorgesehen. Dabei haben wir bis jetzt bereits 5 großräumige Flächen für Industrieansiedlungen bereitgestellt, auf denen noch Platz für Neuansiedlungen ist.

Eine Grenze des Wachstums für Gewerbeflächen sollte in der Autobahn gesehen werden. Der Wald und auch der bestehende Naturcampingplatz hinter der Autobahn sollten erhalten werden. Wir könnten die Klimafreunde bitten, dort neue Bäume zu pflanzen.

Es braucht auch keine Verbreiterung der Autobahnunterführung unter der A7 Richtung Munster für weitere LKW, die Soltau weitere Millionen kosten dürfte.

Den neuen Sportplatz am Ostpark, der vermutlich ebenfalls mehrere Millionen kosten wird und kein Geld einbringt, benötigen wir nicht wirklich. Der Sportplatz des SV Soltau an der Winsener Straße sollte bleiben, wie und wo er ist. Damit wäre der Bedarf an Außenplätzen für den Sport für die kommenden Jahre gedeckt. Wir haben ja mit dem Böhmewald-Station einen frisch sanierten Sportplatz bekommen.

Die nasse Wiese am Ostpark könnte eine nasse Wiese bleiben.

Die Freudenthal-Schule könnte in die Rosenstraße umziehen. Damit bliebe die Freudenthal- Grundschule in der Mitte der Stadt und keiner müsste die Kinder mit dem Elterntaxi an den Stadtrand verfrachten. Eine Mensa ließe sich kurzfristig für ca. 1 Million zwischen der Freudenthal-Schule und dem Gebäude in der Rosenstraße neu bauen. Dann könnte dort mit der Ganztagsschule begonnen werden.

Die VHS könnte in das Gebäude der jetzigen Freudenthal-Schule umziehen oder auch das leerstehende Gebäude der Musikschule an der Winsener Straße nutzen.

Dieser Gebäudetausch dürfte zwar nicht einfach, aber mittelfristig kostengünstig zu realisieren sein.

Weitere Industriegebiete, neue Sportplätze und den Neubau einer Grundschule benötigen wir genauso wenig wie den Neubau eines Supermarktes am Südende der Stadt.

Zusammengerechnet sparen wir mit diesen Vorschlägen mindestens 10 - 20 Millionen € in den kommenden Jahren, ohne gravierenden Qualitätsverlust.

Wir können keine Millionen ausgeben, die wir definitiv nicht haben. Das sind wir den kommenden Generationen schuldig.

Wachsen sollten dagegen die neuen Wohngebiete. Die neuen Wohnhäuser an der Tetendorfer Str., die an die „kalte Nahwärme“ angeschlossen werden, schaffen modernen Wohnraum und entlasten den Markt für Mietwohnungen, so dass die Mieter nicht 40 % oder 50 % ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben müssen, wie dies in manchen Großstädten der Fall ist.

Neue Einwohner in Soltau erhöhen auch das Aufkommen an Einkommenssteuer auf der Einnahmeseite unseres Haushalts.

Wir sollten in den kommenden Jahren daran arbeiten, die Lebensqualität für die Soltauer zu verbessern. Die Modernisierung und Belebung der Innenstadt ist wichtig. Der Klimatest des ADFC bewertet die Bedingungen für den Radverkehr mit einer 4 vor dem Komma.

Kein Wunder, dass viele Soltauer für Kurzstrecken das Auto benutzen. Die Verbesserungen für die Radfahrer sollten in Zusammenarbeit mit dem ADFC und der Initiative „Soltau fährt Rad“ erarbeitet werden. Gute Voraussetzungen dafür sind gegeben.

Verbesserungen lassen sich auch auf der Einnahmeseite des Haushalts erreichen:

Die geplante Übernachtungssteuer als Ersatz für den Fremdenverkehrsbeitrag sollten wir möglichst ab Mitte 2025 in Kraft setzen, nicht erst 2026 wie die bürgerliche Ratsmehrheit das möchte.

Damit könnten einige hunderttausend Euro mehr eingenommen werden. Ich denke nicht, dass die Beherbergungsbetriebe mit einer Übernachtungssteuer überfordert wären. Die Übernachtungssteuer fällt ja nur dann an, wenn Gäste übernachten, d.h. sie bringt Gelder von außen in die Stadt.

Kein privater Haushalt und kein Unternehmen würde auf derartige mögliche Mehreinahmen freiwillig verzichten. Auch die Stadt Soltau sollte das nicht tun. Es wäre verschenktes Geld.

Der Haushalt für das Jahr 2025 ist von der Verwaltung sehr gut ausgearbeitet und dargestellt worden. Aus meiner Sicht sollten die Schwerpunkte insbesondere auf der Ausgabenseite aber anders gesetzt werden. Daher werde ich mich zum aktuellen Haushalt enthalten.

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