Lagerstättenwasser-Leckage in Brochdorf/Neuenkirchen

Dieser Artikel wurde ergänzt - s.u.:Nachdem beim Verpressen von Lagerstättenwasser in Emlichheim Millionen Liter in den Untergrund ausgetreten sind, weil das Rohr auf einem Abschnitt von 60 Metern Länge durchrostet war, kritisierte Detlev Schulz-Hendel von den niedersächsischen Grünen den Zustand und forderte die Überprüfung des Leitungssystems in ganz Niedersachsen.

18.08.19 –

Nachdem beim Verpressen von Lagerstättenwasser in Emlichheim Millionen Liter in den Untergrund ausgetreten sind, weil das Rohr auf einem Abschnitt von 60 Metern Länge durchrostet war, kritisierte Detlev Schulz-Hendel von den niedersächsischen Grünen den Zustand und forderte die Überprüfung des Leitungssystems in ganz Niedersachsen.
Uns im Landkreis erreichte daraufhin die Pressemeldung von Exxon Mobil, man werde in Brochdorf bei Neuenkirchen Aufgrabungsarbeiten durchführen. „Die von der Sonde Söhlingen Ost Z2 zum Betriebplatz Söhlingen Ost verlaufende Leitung wird für Wartungsarbeiten an einer Stelle freigelegt.“ (Presseinformation Exxon Mobil, Hannover, den 2. August 2019: Leitung 815: ExxonMobil führt Aufgrabungsarbeiten durch).
Umweltaktivisten, die es genauer wissen wollten, bot sich dann das Bild einer Leckage an der Lagerstättenwasserleitung: Potentiell belastetes Grundwasser wurde in den benachbarten Vorfluter abgepumpt und in die Umwelt entsorgt.
Wie in Emlichheim scheint sich erwiesen zu haben, dass das Metall der Lagerstättenwasserleitungen der Salzsole nicht standhält und durch Korrosion zerfressen wird. Inhaltsstoffe des Lagerstättenwassers wie Chloride, Quecksilber und Benzol können in den Boden und das Grundwasser austreten.

Dietrich Wiedemann, 17. 8. 2019

Ergänzung:

Die Pressestelle von Exxon in Hannover fordert uns auf, die folgenden Aussagen unseres Artikels kurzfristig zu korrigieren:

„…Potentiell belastetes Grundwasser wurde in den benachbarten Vorfluter abgepumpt und in die Umwelt entsorgt. Wie in Emlichheim scheint sich erwiesen zu haben, dass das Metall der Lagerstättenwasserleitungen der Salzsole nicht standhält und durch Korrosion zerfressen wird. Inhaltsstoffe des Lagerstättenwassers wie Chloride, Quecksilber und Benzol können in den Boden und das Grundwasser austreten.“

Richtig ist:

„Das im Rahmen der Grundwasserhaltung entnommene Grundwasser wurde beprobt, war nicht belastet und wurde entsprechend der Genehmigung des Landkreises in den nahegelegenen Graben (Vorfluter) abgeleitet. Bei der Leitung 815 handelt es sich um eine Lagerstättenwasserleitung, die nicht korrodiert ist, da sie nicht aus Stahl besteht. Bei einem regelmäßigen Dichtigkeitstest (Drucktest mit Wasser) wurde bei der aus glasfaserverstärkten Kunststoff (GfK) bestehenden Leitung eine Auffälligkeit festgestellt. Durch die anschließende Beaufschlagung der Leitung mit Gas konnte die Leckagestelle an der Leitung lokalisiert, aufgegraben und sachgerecht repariert werden.“  


Zeitgleich erhielt der Landkreis von Exxon folgende Auskunft:

„Bei der Leitung 815 handele es sich um eine Lagerstättenwasserleitung, die nicht korodiert sei, da sie nicht aus Stahl bestehe.
 
Es handele sich um GFK Material (glasfaserverstärkter Kunststoff ) in der Druckstufe PN 16 (Nenndruck / Auslegungsdruck 16 bar).
 
Es sei keine Leckage bei der Durchleitung von Lagerstätten-Wasser zu erwarten. Exxon sei überzeuge sich von der Integrietät seiner Anlagen durch Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen. Die GFK Ltg. werde in regelmäßigen Abständen einer Dichtheitsprobe unterzogen. In diesem Fall sei bei einem Drucktest mit einen Prüfdruck von über 20 bar (Betriebsdruck 5 bar) eine Unregelmäßigkeit in dem aufgegrabenen Bereich festgestellt worden. Die Leitung sei dafür gespült worden, bevor sie für den Drucktest mit klarem Wasser befüllt worden sei. Durch die anschließende Beaufschlagung der Leitung mit Gas habe man die Leckagestelle an der Leitung gefunden und sachgerecht repariert.“

Kommentar:

Es war also offensichtlich voreilig, die Metallrohre in Emlichheim mit dem Leitungsmaterial in Brochdorf  zu vergleichen. Wir werden weiter spekulativ über Sicherheitsfragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, nachdenken. Das ist aber nur mit Hilfe derjenigen im Netzwerk gegen Gasbohren möglich, die über Ingenieurwissen verfügen.

Dietrich Wiedemann

Ergänzung:

Das Erdgasfeld Söhlingen gehört zu den am stärksten quecksilberhaltigen Lagerstätten.
Söhlingen H1 heißt die "Versenkbohrstelle" in Bellen, wo Exxon-Mobil bis 2011 mehr als 900 Millionen Liter Lagerstättenwasser ins Erdreich entsorgt hat.
Ende 2007 stellte der Betreiber Undichtigkeiten an der Rohrleitung E0582 für Lagerstättenwasser bei Moordorf bei Neuenkirchen (unmittelbar östlich von Bellen) auf einer Länge von 2 Kilometern fest. Die Leitung führt zur Betriebsstätte Bellen. Bei näheren Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Kunststoffleitung Kohlenwasserstoffe (z. B. das nachweislich krebserregende Benzol) durch die Wandung diffundieren ließ. So gelangten Benzol, Toluol, Chlorid und Quecksilber in Boden und Grundwasser. Der Benzolwert betrug bis zu 155.000 µg/l. Zudem wurden bei drei Anwohnern Benzol-und Quecksilberwerte im Blut festgestellt. Die Leitungen wurden stillgelegt und Boden und Grundwasser aufwendig saniert: 2.500 Kubikmeter kontaminiertes Erdreich wurde ersetzt, Grundwasserreinigungsarbeiten erfolgten.

Kommentar der Betreiber: „Da ist eine Muffe kaputtgegangen und es ist salzhaltiges Wasser ausgelaufen“ (Weser Kurier 14. 1. 2011). Nach Medienrecherchen (NDR „Markt“ u. a.) reagierte das Bergamt mit der Anordnung, alle Rohrleitungen aus PE80 für Lagerstättenwasser zu verbieten (Anweisung vom 21.01.2011) und alle Kunststoff-Rohrleitungen bei der Erdöl- und Erdgasförderung in Niedersachsen, davon 160 km aus dem problematischen PE – durch Eignungsnachweise und Bodenproben auf Diffusion zu überprüfen (Anweisung vom 13.04.2011). (vgl.: NDR Fernsehen/Markt 10.01.2011 „Gift im Boden“).

Auf unsere Nachfrage teilt Exxon Mobil/Pressestelle Hannover uns jetzt am 27. 8. 2019 mit:

Mit Stahl ummantelte PE-Leitungen wurden überprüft und nach Freigabe durch die Bergbehörde weiterbetrieben. Neue Leitungen werden ausschließlich aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GfK) gebaut.

Wie verhält sich das GfK-Material gegenüber Chloriden (Salzsole)? Es ist resistent.

Ist die bei PE festgestellte Diffusion von Quecksilber und Benzol bei GfK ausgeschlossen? Ja. Zusätzlich gelten aus Vorsorgegründen für GfK-Leitungen limitierte Betriebszeiten in Abhängigkeit der Ergebnisse behördlich vorgeschriebener, regelmäßiger Untersuchungen zum Nachweis der Diffusionsdichtheit.

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2019 | Boden | Energie | Fracking | Heidekreis | Umwelt

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